Confabulationes in porticu

Hans-Joachim Reischmann – „Große Frauen von großen Römern“

von Frank Becker

Confabulationes in porticu
(Tratsch im Treppenhaus)
 
Pikante Geschichte(n) für Leser mit Latinum
 
Wer hätte - ausgestattet mit nicht mehr als dem marginalen Schulwissen über das große Römische Reich – geahnt, was sich hinter den Kulissen von Senat, Palästen und Villen zwischen den Mächtigen und ihren Frauen, Konkubinen und Hetären alles so zugetragen hat. Na klar, in der Schule hat man uns das vorenthalten, denn das römische Leben war offenkundig mehr als sittenlos. Intrigen, Machtkämpfe, Ehebruch, Polyamorie, sexuelle Ausschweifungen, Kinderehen (Publia, Messalina) und Mord scheinen zur Tagesordnung gehört zu haben. Ein wenig von den Ausschweifungen der Antike mag man geahnt haben, falls man Werner Kellers „Da aber staunte Herodot“ gelesen hat, aber was Hans-Joachim Reischmann dazu für sein Buch „Große Frauen von großen Römern“ zusammengetragen hat, läßt wirklich staunen.

Das ist historischer Tratsch vom allerfeinsten, enthüllend, entlarvend, entmythisierend. Reischmann stellt die Frauen der berühmten Männer ins Zentrum seiner Betrachtungen, Terentia, die hinter dem manischen Villen-Sammler Cicero stand, Kleopatra, die Männer wie Cäsar und Marcus Antonius um den schönen Finger wickelte, Fulvia, die von Kleopatra aus dem Feld geschlagene „virago“, Messalina, die schon als 15jährige den 50 Jahre alten Kaiser Claudius heiratete und ihn nach Strich und Faden betrog, die Intrigantin Agrippina (von Caligula verbannt, Messalina an der Seite Claudius folgend und ihn vergiftend und als Mutter Neros von eigenen Sohn umgebracht), Marcia, die sich von ihrem tugendprotzenden Ehemann Cato als Leihgabe weiterreichen läßt, Livia, an der Seite des Augustus als Zuhälterin junger Mädchen für die perversen Spiele ihres Gatten.

Die Liste raffinierter, aufregender, intriganter regierender Frauen im Alten Rom, die Macht ausübten oder ein Doppelleben führten, ist weit länger als hier nur angerissen. „Varium et mutabile semper femina“ (Vergil): Bunt und wechselhaft ist das Wesen der römischen Frau. Hans-Joachim Reischmann versucht das in seinem Buch zitatgewaltig zu umreißen.
Es ist, zugegeben, ein unterhaltsames Buch mit allerlei herrlichem Klatsch, Tratsch und Gossip, wahrheitsgetreu einer Legion lateinischer Chronisten, Historiker, Tagebuchschreiber und Romanciers wie Sueton, Ovid, Seneca, Cicero, Catull, Cato, Vergil, Tacitus, Juvenal abgelauscht. Aber das fast aufdringliche Wissensprotzen des Autors, sein Kokettieren mit den Kenntnissen der lateinischen Originaltexte nervt schon ein bißchen. Da wäre weniger mehr gewesen.
 
Hans-Joachim Reischmann – „Große Frauen von großen Römern“
© 2022 BEBUG mbh / NoRa, 174 Seiten, Broschur – ISBN: 9783865575203
14,99 €
 
Weitere Informationen:  www.nora-verlag.de